21. August 2015, 10:00 UhrJacobson-MethodeEntspannt durch AnspannungVon Irene Habich Muskelrelaxation: K?rper und Seele gleicherma?en entspannen Wenn der K?rper locker l?sst, tut das auch der Psyche gut. Die Muskelentspannung nach Jacobson hilft bei so unterschiedlichen Leiden wie Kopfschmerzen, ?ngsten und Bluthochdruck. Der amerikanische Arzt Edmund Jacobson war schon vor mehr als 80 Jahren davon überzeugt, dass viele Krankheiten stressbedingt sind. Um der Hektik seiner Zeit etwas entgegenzusetzen, brauche es eine Entspannungsmethode, glaubte er Mediziner. Er erfand die progressive Muskelentspannung (PME). Bis heute wird sie zur begleitenden Therapie etlicher Leiden eingesetzt. Bei der Technik werden nacheinander s?mtliche Muskelgruppen des K?rpers bewusst angespannt und dann wieder entspannt, was deren Durchblutung f?rdert. In der Regel wird das unter Anleitung eingeübt, sp?ter kann man zu Hause selbstst?ndig oder mithilfe einer CD weitermachen. Ein Durchlauf im Liegen oder Sitzen dauert 15 bis 20 Minuten, durch die übung sollen sich K?rper und Geist gleicherma?en entspannen. "Wer k?rperlich locker ist, der wird auch psychisch ruhig und gelassen", sagt Cornelia L?hmer, sie bietet Ausbildungskurse in der PME an. "Gleichzeitig ist es eine Methode, die hilft, mit sich selbst und seinem K?rper in Kontakt zu kommen." Dadurch soll man auch im Alltag leichter entspannen und den Zustand seines K?rpers besser wahrnehmen k?nnen. Hilfe bei Kopfschmerzen und Schlafst?rungen Mit der Muskelentspannung nach Jacobson werden im Rahmen von Verhaltenstherapien Phobien behandelt, aber auch verschiedene stressbedingte Leiden. Die Wirksamkeit des Verfahrens gilt seit vielen Jahren als gut belegt. Unter anderem erschien 1994 eine Auswertung von 66 Einzelstudien, der zufolge die PME bei Kopfschmerzen, Bluthochdruck und Schlafst?rungen helfen kann. Demnach verbesserten sich in knapp drei Viertel der Behandlungen die jeweiligen Symptome. In 60 Prozent der F?lle verbesserte sich au?erdem das Allgemeinbefinden. Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen h?lt die PME für "wissenschaftlich sehr gut untersucht" und empfiehlt sie zur Vorbeugung stressbedingter Krankheiten. Viele Kassen übernehmen die Kosten. Aber wie ist es m?glich, dass die Methode nicht blo? bei stressbedingten Symptomen hilft, sondern auch Schmerzen lindert? In einigen F?llen helfe die PME dabei, Ursachen zu bek?mpfen, sagt L?hmer: "Gerade Rückenschmerzen werden h?ufig durch Stress und Verspannungen ausgel?st." Bei Migr?ne hingegen sei die PME nicht die eigentliche Therapie: "Die PME l?sst einen aber achtsamer und sensibler für Signale des K?rpers werden. Wer dadurch Stress, überlastung und Müdigkeit besser wahrnimmt und darauf reagiert, kann Kopfschmerzattacken teilweise vorbeugen." Manchmal beseitige die Methode chronische Schmerzen nicht, helfe Patienten aber dabei, sie gelassener hinzunehmen. Auch das kann die Lebensqualit?t steigern. "Ein gro?er Vorteil der Methode ist, dass sie sich so einfach erlernen l?sst", sagt L?hmer. Schon Kinder seien dazu in der Lage. "Man muss keine komplizierten Bewegungsabl?ufe beherrschen, braucht keine spezielle Kleidung oder Umgebung. Und das Verfahren ist weltanschaulich neutral, also für eine gro?e Zielgruppe geeignet." Schon nach vier Wochen Anwendungszeit mit fünf übungseinheiten pro Woche gebe es erste positive Effekte, Nebenwirkungen praktisch keine. Menschen mit einem akuten Trauma sei von der PME allerdings abzuraten. Das gleiche gelte bei starken psychischen Problemen - es sei denn, die Methode wird vom Arzt oder Therapeuten empfohlen. Ein Zuviel an Reizen verursacht Schmerzen Dietrich Baumgart ist Kardiologe und r?t Herz-Patienten h?ufig, die PME zu lernen. Neben gesunder Ern?hrung und Bewegung sei Entspannung die dritte S?ule der Umstellung auf einen gesunden Lebensstil, die eine Therapie mit Medikamenten erg?nzen oder sogar ersetzen kann. Der Alltag sei heute in Job- wie Privatleben gepr?gt von Konkurrenzdenken, durch st?ndige Erreichbarkeit und Reizüberflutung. "Es werden Stresshormone ausgeschüttet, die krank machen k?nnen. Es kommt zu Symptomen wie Kopfschmerzen, Magenschmerzen oder Bluthochdruck. Die Muskelrelaxation hilft bei der Rückbesinnung auf sich selbst", sagt Baumgart. Dass eine Lockerung der Muskeln auch die Psyche beeinflusst, sei keinesfalls überraschend: "Wir wissen, dass es da eine Rückkopplung gibt. Die Konzentration auf den K?rper und die Entspannung der Muskeln führt letztendlich auch zu einer Entspannung im Gehirn." Stressbedingten Erkrankungen wie Bluthochdruck werde dadurch vorgebeugt, oder sie lie?en sich sogar heilen. Am besten solle man eine Methode zur Stressbew?ltigung lernen, noch ehe Gesundheitsprobleme auftreten, empfiehlt Baumgart. Die PME sei dabei nur eines von vielen Verfahren - aber eben eines, das für fast jeden geeignet sei. "Jeder sollte so etwas in seinem Werkzeugkasten haben."
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